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04.06.2021
Warenwirtschaft / Logistik: Agrarkunststoffe

Kunststoffe in landwirtschaftlich genutzten Böden

Im Auftrag des NABU hat das Fraunhofer-Institut eine Studie über Kunststoff-Emissionen in landwirtschaftliche Böden erstellt. Die Eintragsquellen sind vielfältig und teilweise vermeidbar. Der DRV appelliert an Verantwortliche, auf nicht notwendige Kunststoffe zu verzichten, auf natürliche oder abbaubare Materialien umzusteigen und unverzichtbare Kunststoffe rechtzeitig einzusammeln und zu verwerten, beispielsweise über das System ERDE.

 

Mit Meldung vom 27. Juni 2019 haben wir über die Freiwillige Selbstverpflichtung zur Rücknahme und Verwertung gebrauchter Agrarfolien berichtet, die IK, DRV, BVA, BLU und ERDE gemeinsam gezeichnet und dem BMU überreicht haben. Damit unterstützen die Verbände das System ERDE, das seit einigen Jahren Agrarfolien sammelt und einer Verwertung zuführt: Die gebrauchten Folien werden zu wertvollen Rohstoffen, unter anderem für neue Agrar- und Baufolien, Bewässerungsschläuche und Müllbeutel.

 

Im Auftrag des NABU e.V. hat das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT unter dem Titel Kunststoffe in der Umwelt: Emissionen in landwirtschaftlich genutzte Böden eine umfangreiche Studie über die Kunststoffemissionen in landwirtschaftliche Böden erstellt. Fraunhofer geht davon aus, dass die Einträge langfristig die Bodenfruchtbarkeit zerstören können, falls nicht spürbare Maßnahmen zu deren Reduktion ergriffen werden.

 

Hier – in aller Kürze – die wichtigsten Ergebnisse der Fraunhofer-Studie:

Die deutsche Landwirtschaft verbraucht jährlich ca. 1,1 Mio. t Kunststoff. Das entspricht 4,7 % des deutschen Gesamtverbrauchs von 23,6 Mio. t. Mit einem Rezyklatanteil von ca. 37 % ist die Landwirtschaft führend.

In einem durchschnittlichen landwirtschaftlichen Betrieb werden pro Jahr 4,3 t Kunststoff verbraucht. 2,3 t davon werden als Abfall ordnungsgemäß entsorgt. Die übrigen 2 t werden nicht in den Kreislauf zurückgeführt. Der Verbleib dieser Mengen ist weitgehend unklar.

Insgesamt schätzt Fraunhofer die Kunststoffemissionen in landwirtschaftliche Böden in Deutschland auf mindestens 19.055 t pro Jahr. 81 % davon werden von außerhalb eingetragen. Die übrigen 3.635 t werden unmittelbar durch die Landwirtschaft verursacht.

Die Emissionen, die außerhalb der Landwirtschaft entstehen, resultieren zu 54 % aus der Klärschlammausbringung und zu 8 % aus Kunststofffremdbestandteilen in Komposten. Auch wenn diese Emissionen außerhalb der Landwirtschaft verursacht werden, sieht Fraunhofer die Verantwortlichkeit für den Eintrag dennoch bei der Landwirtschaft. Weitere 38 % der Emissionen stammen aus dem Littering Dritter, die ihren Müll achtlos der Landschaft überlassen.

Die Emissionen, die die Landwirtschaft direkt verursacht, werden als Bestandteil von Düngemitteln (69,3 %), Bodenverbesserern (3 %), Pflanzenschutzmitteln (2,5 %) oder Saatgut (2,4 %) eingetragen oder sie entstehen durch Freisetzung von Kunststoffen im Futterbau (10,3 %) und Pflanzenbau (5 %), bei Pflanzhilfen (4,9 %) und Pflanzbehältern (1,6 %) sowie Bewässerungssystemen (1,0 %). Besonders hohe Flächeneinträge von mehr als 1 kg je ha und Jahr entstehen durch die Verwendung von Pflanzhilfen im Wein- und Gartenbau, die Düngung mit Kompost, den Anbau unter Folien, die Anwendung von Klärschlamm und Langzeitdüngern sowie Bodenverbesserern in Form von Hydrogelen. Letztere erreichen Flächeneinträge von über 400 kg je ha und Jahr.

Messungen über den Gehalt von Kunststoffen im Boden sind extrem aufwändig. Deshalb gibt es nur wenige verwertbare Ergebnisse. Kompost wird ab einem Kunststoffgehalt von 0,1 % als weitgehend unbrauchbar angesehen. Je nach landwirtschaftlicher Praxis kann es – so Fraunhofer – bei Böden in weniger als 20 Jahren bis hin zu einigen Hundert Jahren zu solch einer Entwertung kommen.

Zur Verringerung der Kunststoffemissionen sollten folgende technische und anwendungsseitige Maßnahmen ergriffen werden:

  • Stärkung des Recyclings bei allen Kunststoffanwendungen.
  • Sicherstellung einer ausreichenden anwendungsspezifischen Abbaubarkeit in allen umweltoffenen Anwendungen, in denen Verluste nicht ausreichend ausgeschlossen werden können.
  • Entwicklung einer geeigneten und reproduzierbaren Messmethodik für Kunststoffe in Böden.

Als gesetzgeberische Maßnahmen werden vorgeschlagen:

  • Herabsetzung der Grenz- und Schwellenwerte für Kunststoffe als Fremdstoffbestandteile
  • Regulierung und Begrenzung der zulässigen Abbauzeiten für alle umweltoffenen Kunststoffanwendungen

Darüber hinaus hält Fraunhofer eine Bildungsinitiative für die Landwirtschaft für dringend erforderlich, die von objektiver Seite über die Möglichkeiten und Pflichten bei Emissions- und Verbrauchsminderung sowie der Kreislaufführung der Kunststoffe informiert. Insbesondere sollte über alternative Praktiken für eine plastikemissionsfreie Landwirtschaft informiert werden.

 

Der Deutsche Raiffeisenverband appelliert an alle Hersteller, Vertreiber und Nutzer von Kunststoffprodukten in der Landwirtschaft, verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, damit die Einträge von nicht abbaubaren Kunststoffen in die Umwelt vermieden oder zumindest deutlich reduziert werden: Wo immer möglich, sollte auf Naturfasern oder abbaubare Materialien zurückgegriffen werden. Unvermeidbare Kunststoffe müssen eingesammelt und wiederverwertet werden, bevor sie zerbröseln und nicht mehr rückholbar sind. Klärschlämme und Komposte sollten nur eingesetzt werden, wenn sie garantiert geringe Fremdstoffanteile aufweisen.



 
logo-signatur.png         Deutscher Raiffeisenverband e.V.
In Vertretung
Dr. Michael Reininger
Pflanzenschutz, Düngung, Gefahrstoffe,
Agrartechnik, Digitalisierung
 
Telefon: 030 856214-533

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